Oberhalb der Empore zu unserer Chorkapelle erhebt sich ein kleines Glockentürmchen. Solch ein Türmchen ist bereits auf dem Stich von Wening (17. Jahrh.) sichtbar.

Täglich läuten wir hier zum Gebet. Im Oktober 2013 musste der Glockenschwengel erneuert werden. Nachdem der Spengler aus dem Türmchen vom Glockenstuhl herabkam, äußerte er die Vermutung, dass dort oben ein Holzbock am Werk sei. Damit war ein erster Verdacht geweckt, dass dort nicht alles in Ordnung sei. Einige Zeit später wurden nochmals Zimmerer zur Beurteilung hochgeschickt. Sie konnten aber keine sichere Aussage machen. Dann fing das Türmchen an, beim Läuten zu wackeln. 2017 haben wir die statische Situation auf Anraten des Bayerischen Amtes für Denkmalpflege von einer Fachfirma untersuchen lassen. Den Auftrag erhielt die Firma Barthel  Maus. Beratende Ingenieure GmbH, München, die uns ein hervorragendes Gutachten lieferte. Empfehlung: „Die Schäden an der Holzkonstruktion des Türmchens sind allerdings in dessen obere Hälfte erheblich und sollten, auch mit Blick auf den unbedingt wünschenswerten Erhalt der wertvollen barocken Konstruktion, sobald wie möglich instandgesetzt werden.“

Am 24.09.2018 begann der nicht einfache Aufbau eines Gerüstes. Ab dem 4. Oktober begann die Arbeit am Türmchen. Kreuz und Kugel samt Schaft wurden abgenommen. Die Kugel war im oberen Bereich gezeichnet von Hageldellen. In der Kugel befand sich eine Kapsel mit einer Urkunde aus dem Jahr 1908. Damals hatte man das Dach neu gedeckt und auch das Türmchen instandgesetzt.

Schon bei erster Ansicht vor Ort sah man, wie es dem Wetter ausgesetzt war. Zwischen Schalung und Gesims konnte der Regen eindringen. Es stellte sich heraus, dass das Holz des Helmes größtenteils verfault bzw. von Würmern zerfressen war. Auch den Spuren des Holzbockes begegneten wir. Alles musste entfernt werden.

 

Spuren des Holzbocks:

Ähnlich erging es uns mit dem Mauerwerk des Oktogonschaftes. Die acht Holzstützen des Turms waren eingemauert. Zum einen waren sie stark verfault, zum anderen wurde bei jeder Erschütterung auch das Mauerwerk mit betroffen. So musste auch dieses abgetragen werden. Von den acht großen Holzstützen mussten vier ganz entfernt werden, zwei konnten teilweise erneuert werden, zwei weiterverwendet werden. Durch das Abtragen und Neuaufbau von Helm und Oktogon haben sich die Kosten leider erheblich erhöht.

Wir fanden, dass sich das Türmchen ursprünglich als verputzter Mauerwerksturm, sogar mit einer farbigen grauen Eckfassung zeigte. Die Asbestzementplattenverkleidung kam später.

In Abstimmung mit dem Bayerischen Amt für Denkmalpflege wurde der Wiederaufbau folgendermaßen realisiert:

Wiederherstellung der Holzkonstruktion wie vorgefunden, jedoch  ohne Wiederherstellung des auf das Quadrumsdach vormals auflagernden Oktogonmauerwerks. Für das Dach bedeutet das eine spürbare Gewichtsminderung. Der Oktogonschaft wird in Holzbauweise wieder errichtet.

Der Helm wird mit Kupferblech verkleidet und nicht wie bisher mit Zementfaserplatten eingedeckt, ebenso der flache Teil des Übergangs vom Geviert zum Oktogon. Die Gesimse werden von einem Kirchenmaler restauriert.

 

In der Woche vom 12. bis 16. November wurden die noch offenen Stellen des Helms verblecht und mit der Verblechung des Übergangsbereich vom Oktogonschaft zum Geviert begonnen. Das neue hölzerne obere Gesims unter dem Helmdach wurde angebracht und geölt. Das untere Gesims wurde gestrichen. Der Dachdecker konnte schon größtenteils das Geviert decken. Zum Wochenende bot sich das Türmchen bereits folgendermaßen dar:

 

Es geht in großen Schritten voran. Gold und Kreuz sind in Bearbeitung – sprich beim Vergolden. Für den 5. Dezember konnte bereits die Segnungsfeier angesetzt werden.
Das obere Gesims wurde im Farbton des unteren gestrichen. Das Oktogon wurde mit Betonfaserplatten verkleidet. Es wurden Fenster mit Lamellen eingesetzt. Die Brüstung der Fenster wurden mit einem Blech versehen, die Leibungen mit Platten verkleidet. Die Übergangsbereiche zwischen Gesimsunterseiten und Verschindelung wurden mit Blech gegen Regen geschlossen.

Am Mittwoch, den 5. Dezember 2018, fand die Segnungsfeier statt. Geladen waren die an Planung und Durchführung der Instandsetzungsmaßnahme Beteiligten, ferner ein Vertreter der Schlösser- und Gartenverwaltung Herrenchiemsee und der politischen Gemeinde Chiemsee, dann ein Vertreter des Freundeskreises und unser ehemaliger Spiritual.

Zusammen mit dem Konvent der Schwestern wurde die Feier im Kapitelsaal des Klosters begonnen. Die neue Urkunde wurde verlesen und von den Anwesenden unterzeichnet.

Die alte und die neue Urkunde, dazu eine Reliquie unserer Seligen Irmengard wurden in die bereits vorgefundene Kapsel eingelegt.

 

Kreuz und Kugel und alle Anwesenden wurden von der Äbtissin gesegnet. Um ca. 11 Uhr wurde alles hochgefahren. Dabei erklang wieder das Glöcklein, vom Campanile das 11 Uhr Geläut. Oben wurden dann Kugel und Kreuz wasserfest aufgesteckt und befestigt. Abgeschlossen wurde die Feier mit dem Lied „Großer Gott, wir loben dich.“

Voll Dank dürfen wir uns bei allen Beteiligten bedanken. Die Firmen taten alles ihnen Mögliche, um den Abschluss der Maßnahme vor Wintereinbruch zu ermöglichen. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege ermöglichte einen zügigen Fortgang durch eine äußerst kooperative Begleitung. Viele Menschen unterstützten uns finanziell – allen voran der Freundeskreis unserer Abtei.
So können wir nur sagen: Gott sei Dank! und allen Beteiligten und Unterstützern ein herzliches „Vergelt’s Gott!“

Bericht: Abtei Frauenwörth, den 8.12.2018, Sr. M. Elisabeth Barlage OSB, Cellerarin

© Freundeskreis Frauenwörth

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